Blumen der Sprache im Garten der Stille

Dieses Konzept steht ewig. In den Abbildungen gezeigte Daten sind irrelevant, jede Anfrage wird persönlich beantwortet.

„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung.“ (Immanuel Kant, 1784)

Garten der Stille, Römerswil, Hitzkirchstrasse 6

Garten der Stille, Römerswil, Hitzkirchstrasse 6

Bei jedem Wetter. Schirme, Wolldecken und Kissen vorhanden. Anmeldung bitte Tel:  076 74 891 64 oder Mail: engelhardt@hldrln.de

Dauer: ca. 2 Std.

Eintritt = Ausschritt, nämlich Gaabe, Kollekte.

Menschenbeifall

Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll, 
   Seit ich liebe? warum achtetet ihr mich mehr, 
      Da ich stolzer und wilder, 
         Wortereicher und leerer war? 

Ach! der Menge gefällt, was auf den Marktplatz taugt, 
   Und es ehret der Knecht nur den Gewaltsamen; 
      An das Göttliche glauben 
         Die allein, die es selber sind.

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Es gehorchen nemlich die Sänger den Zeichen

Hölderlins Gedichte, so heißt es, seien schwer zu deuten, seine Verse sind oft seltsam, seine Worte und Gedanken (fast) immer mit vielfacher Bedeutung behaftet und sonderbar anders angeordnet und verschachtelt.

Wer diese Texte liest, hat eine eigene Lesezeit fürs Nachdenken, Nachspüren oder sogar Nachschauen, Nachfragen, Nachsinnen.
Wird aber gesprochen und zugehört, rauscht alles unaufhaltsam weiter vorwärts, wie Wasser in Brunnen oder Quell. Wer hinterher nachdenkt, verpasst den Fluss der Worte.

Vergesst die Deutung. Lasst die Augen des Geistes durch die Ohren sprechen.
Verschiebt bitte den „Erklärungsnotstand“ auf einen späteren Zeitpunkt.


Im Wort „anwesend“ klingt das Wort „Wesen“, im Wort „Gegenwart“ das Wort „warten“, im Wort „unerhört“ das „Hören“, in „mitteilen“ das „Teilen“. Entdecken meint auch die Decke wegziehen, „irr“ ist irren, verirren und irre sein, ein Klirren, die Wirren. Hölderlin komponiert diese vielschichtigen und gleichzeitigen Bedeutungen und Begriffe in Klang, Rhythmus und Assoziation, in Verweis und Deutung, wie eine Fuge, wie einen komponierten Brunnen. Rhythmisch-klangliches Spielen auf mehreren Ebenen aktiviert unsere geistigen Verbindungswege. Es entsteht etwas, es erscheint von selbst, ohne zu Denken. Je entspannter ihr seid, je weniger ihr glaubt, etwas zu müssen, desto größer wird das Kopf-Kino.

Jeder und jede hört Eigenes, versteht Persönliches, begreift sich in seiner, in ihrer eigenen Welt.

Gleiches gilt für die Lichtbewegungen auf der Leinwand. Nicht fragen, warum so und nicht anders, sondern einfach schauen. Und, aber, doch: es ist weder verboten, noch abgeraten, und erst recht nicht anstößig, die Augen zu schließen und nur zu hören. Es ist noch nicht einmal sicher, ob das Nur-Hören ein Weniger bedeutet. Die gesunden Ohren hören nicht weniger, als die hellen Augen sehen.

Hören und sehen, lauschen und schauen, kommt aus dem Äther, der Luft, dem Raum und dem Stoff zwischen Himmel und Erde, unserer Lebenswelt.
Unser Körper entstammt der Erde, der Geischt kommt woanders her.

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Die Eichbäume

Leider ist Hölderlins Version der letzten vier Verse nicht erhalten, überliefert sind nur durch Schiller korrigierte/veränderte. Unter die Abschrift des Erstdruckes notiert H einen Satz, vermeintlich in Prosa, doch (bis auf das Fehlen einer Silbe im ersten Vers) bilden sie vier metrisch korrekte Hexameter.

Einige Verweise zu weiteren Informationen:

Maria Hesse ; ”Die Eichbäume“ – ein Wendepunkt in Friedrich Hölderlins lyrischem Wirken

Zur Metrik hier ein 25 Seiten starkes PDF-Dokument

Aus den Gärten komm ich zu euch, ihr Söhne des Berges 
Aus den Gärten, da lebt die Natur geduldig und häuslich,
Pflegend und wieder gepflegt mit den fleißigen Menschen zusammen.
Aber ihr, ihr Herrlichen! steht wie ein Volk von Titanen
In der zahmeren Welt und gehört nur euch und dem Himmel
Der euch nährt und erzog und der Erde, die euch geboren.
Keiner von euch ist noch in der Menschen Schule gegangen,
Und ihr drängt euch fröhlich und frei, aus der kräftigen Wurzel,
Untereinander herauf, und ergreift, wie der Adler die Beute
Mit gewaltigen Armen den Raum und gegen die Wolken
Ist euch heiter und groß die sonnige Krone gerichtet.
Eine Welt ist jeder von euch, wie die Sterne des Himmels
Lebt ihr, jeder ein Gott, in freiem Bunde zusammen.

Oh daß mir nie nicht altere, daß der Freuden
Daß der Gedanken unter den Menschen, der Lebenszeichen
keins mir unwerth werde, daß ich seiner mich schämte,
denn alle brauchet das Herz, damit es Unaussprechliches nenne.

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Feiertagshymne

Wie wenn am Feiertage …

Das Bild oben wurde entworfen für eine spätere Ode. Doch trifft es auch diese Hymne sehr gut.

Eine Arbeit dazu:
Elena Schreer ; Editionsproblematik in „Wie wenn am Feiertage“

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 Wie wenn am Feiertage, das Feld zu sehn, 
Ein Landmann geht, des Morgens, wenn
Aus heißer Nacht die kühlenden Blitze fielen
Die ganze Zeit und fern noch tönet der Donner,
In sein Gestade wieder tritt der Strom,
Und frisch der Boden grünt
Und von des Himmels erfreuendem Regen
Der Weinstock trauft und glänzend
In stiller Sonne stehn die Bäume des Haines:

So stehn sie unter günstiger Witterung,
Sie die kein Meister allein, die wunderbar
Allgegenwärtig erzieht in leichtem Umfangen
Die mächtige, die göttlichschöne Natur.
Drum wenn zu schlafen sie scheint zu Zeiten des Jahrs
Am Himmel oder unter den Pflanzen oder den Völkern
So trauert der Dichter Angesicht auch,
Sie scheinen allein zu sein, doch ahnen sie immer.
Denn ahnend ruhet sie selbst auch.

Jetzt aber tagts! Ich harrt und sah es kommen,
Und was ich sah, das Heilige sei mein Wort.
Denn sie, sie selbst, die älter denn die Zeiten
Und über die Götter des Abends und Orients ist,
Die Natur ist jetzt mit Waffenklang erwacht,
Und hoch vom Äther bis zum Abgrund nieder
Nach festem Gesetze, wie einst, aus heiligem Chaos gezeugt,
Fühlt neu die Begeisterung sich,
Die Allerschaffende, wieder.

Und wie im Aug' ein Feuer dem Manne glänzt,
Wenn hohes er entwarf; so ist
Von neuem an den Zeichen, den Taten der Welt jetzt
Ein Feuer angezündet in Seelen der Dichter.
Und was zuvor geschah, doch kaum gefühlt,
Ist offenbar erst jetzt,
Und die uns lächelnd den Acker gebauet,
In Knechtsgestalt, sie sind erkannt,
Die Allebendigen, die Kräfte der Götter.

Erfrägst du sie? im Liede wehet ihr Geist
Wenn es der Sonne des Tags und warmer Erd
Entwächst, und Wettern, die in der Luft, und andern
Die vorbereiteter in Tiefen der Zeit,
Und deutungsvoller, und vernehmlicher uns
Hinwandeln zwischen Himmel und Erd und unter den Völkern
Des gemeinsamen Geistes Gedanken sind,
Still endend in der Seele des Dichters,

Daß schnellbetroffen sie, Unendlichem
Bekannt seit langer Zeit, von Erinnerung
Erbebt, und ihr, von heilgem Strahl entzündet,
Die Frucht in Liebe geboren, der Götter und Menschen Werk
Der Gesang, damit er beiden zeuge, glückt.
So fiel, wie Dichter sagen, da sie sichtbar
Den Gott zu sehen begehrte, sein Blitz auf Semeles Haus
Und die göttlichgetroffne gebar,
Die Frucht des Gewitters, den heiligen Bacchus.

Und daher trinken himmlisches Feuer jetzt
Die Erdensöhne ohne Gefahr.
Doch uns gebührt es, unter Gottes Gewittern,
Ihr Dichter! mit entblößtem Haupte zu stehen,
Des Vaters Strahl, ihn selbst, mit eigner Hand
Zu fassen und dem Volk ins Lied
Gehüllt die himmlische Gabe zu reichen.
Denn sind nur reinen Herzens,
Wie Kinder, wir, sind schuldlos unsere Hände,

Des Vaters Strahl, der reine, versengt es nicht
Und tieferschüttert, die Leiden des Stärkeren
Mitleidend, bleibt in den hochherstürzenden Stürmen
Des Gottes, wenn er nahet, das Herz doch fest.
Doch weh mir, wenn von
Weh mir!
Und sag ich gleich,
Ich sei genaht, die Himmlischen zu schauen,
Sie selbst, sie werfen mich tief unter die Lebenden,
Den falschen Priester, ins Dunkel, daß ich
Das warnende Lied den Gelehrigen singe,
Dort

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Brod und Wein

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Die Tarotkarte des Magiers, der böse Kinski und der ‚kommende Syrier‘ in einer Montage.

90 Distichen (Doppelverse aus einem Hexameter und einem Pentameter)
Standardwerk, Türöffner der Hölderlin’schen Geschichtsphilosophie, Gedankenwelt und poetischem Handwerk:
„Brod und Wein | Die Nacht“ von Wolfram Groddeck.

http://www.text-online.de/editiontext/groddeck_brod_und_wein.htm

https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/wolfram-groddeck-hoelderlins-elegie-brod-und-wein-oder-die-nacht-in-der-mitte-ist-irrtum-und-wahrheit-zugleich-11826698.html

https://literaturkritik.de/id/18766

Eine eigene Arbeit dazu, aus dem Herbst 2017, stand am Beginn meiner Hölderlin-Reise ins Jahr 2020, sehr ausführlich und detailreich, als 116-Seiten-PDF hier.

Ein buchstabengenauer Eintrag von Brod und Wein aus Groddeck mit der FHA daneben ist ein zeitintensives Geschäft. Hier nun eine einschlägig erreichbare online-Version der Elegie.

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 1
Rings um ruhet die Stadt; still wird die erleuchtete Gasse,
  Und, mit Fackeln geschmückt, rauschen die Wagen hinweg.
Satt gehn heim von Freuden des Tags zu ruhen die Menschen,
  Und Gewinn und Verlust wäget ein sinniges Haupt
Wohlzufrieden zu Haus; leer steht von Trauben und Blumen,
  Und von Werken der Hand ruht der geschäftige Markt.
Aber das Saitenspiel tönt fern aus Gärten; vielleicht, daß
  Dort ein Liebendes spielt oder ein einsamer Mann
Ferner Freunde gedenkt und der Jugendzeit; und die Brunnen
  Immerquillend und frisch rauschen an duftendem Beet.
Still in dämmriger Luft ertönen geläutete Glocken,
  Und der Stunden gedenk rufet ein Wächter die Zahl.
Jetzt auch kommet ein Wehn und regt die Gipfel des Hains auf,
  Sieh! und das Schattenbild unserer Erde, der Mond,
Kommet geheim nun auch; die Schwärmerische, die Nacht kommt,
  Voll mit Sternen und wohl wenig bekümmert um uns,
Glänzt die Erstaunende dort, die Fremdlingin unter den Menschen,
  Über Gebirgeshöhn traurig und prächtig herauf.
2
Wunderbar ist die Gunst der Hocherhabnen und niemand
  Weiß, von wannen und was einem geschiehet von ihr.
So bewegt sie die Welt und die hoffende Seele der Menschen,
  Selbst kein Weiser versteht, was sie bereitet, denn so
Will es der oberste Gott, der sehr dich liebet, und darum
  Ist noch lieber, wie sie, dir der besonnene Tag.
Aber zuweilen liebt auch klares Auge den Schatten
  Und versuchet zu Lust, eh es die Not ist, den Schlaf,
Oder es blickt auch gern ein treuer Mann in die Nacht hin,
  Ja, es ziemet sich, ihr Kränze zu weihn und Gesang,
Weil den Irrenden sie geheiliget ist und den Toten,
  Selber aber besteht, ewig, in freiestem Geist.
Aber sie muß uns auch, daß in der zaudernden Weile,
  Daß im Finstern für uns einiges Haltbare sei,
Uns die Vergessenheit und das Heiligtrunkene gönnen,
  Gönnen das strömende Wort, das, wie die Liebenden, sei,
Schlummerlos, und vollern Pokal und kühneres Leben,
  Heilig Gedächtnis auch, wachend zu bleiben bei Nacht.
3
Auch verbergen umsonst das Herz im Busen, umsonst nur
  Halten den Mut noch wir, Meister und Knaben, denn wer
Möcht es hindern und wer möcht uns die Freude verbieten?
  Göttliches Feuer auch treibet, bei Tag und bei Nacht,
Aufzubrechen. So komm! daß wir das Offene schauen,
  Daß ein Eigenes wir suchen, so weit es auch ist.
Fest bleibt Eins; es sei um Mittag oder es gehe
  Bis in die Mitternacht, immer bestehet ein Maß,
Allen gemein, doch jeglichem auch ist eignes beschieden,
  Dahin gehet und kommt jeder, wohin er es kann.
Drum! und spotten des Spotts mag gern frohlockender Wahnsinn,
  Wenn er in heiliger Nacht plötzlich die Sänger ergreift.
Drum an den Isthmos komm! dorthin, wo das offene Meer rauscht
  Am Parnaß und der Schnee delphische Felsen umglänzt,
Dort ins Land des Olymps, dort auf die Höhe Cithärons,
  Unter die Fichten dort, unter die Trauben, von wo
Thebe drunten und Ismenos rauscht im Lande des Kadmos,
  Dorther kommt und zurück deutet der kommende Gott.
4
Seliges Griechenland! du Haus der Himmlischen alle,
  Also ist wahr, was einst wir in der Jugend gehört?
Festlicher Saal! der Boden ist Meer! und Tische die Berge,
  Wahrlich zu einzigem Brauche vor alters gebaut!
Aber die Thronen, wo? die Tempel, und wo die Gefäße,
  Wo mit Nektar gefüllt, Göttern zu Lust der Gesang?
Wo, wo leuchten sie denn, die fernhintreffenden Sprüche?
  Delphi schlummert und wo tönet das große Geschick?
Wo ist das schnelle? wo brichts, allgegenwärtigen Glücks voll,
  Donnernd aus heiterer Luft über die Augen herein?
Vater Aether! so riefs und flog von Zunge zu Zunge
  Tausendfach, es ertrug keiner das Leben allein;
Ausgeteilet erfreut solch Gut und getauschet, mit Fremden,
  Wirds ein Jubel, es wächst schlafend des Wortes Gewalt:
Vater! heiter! und hallt, so weit es gehet, das uralt
  Zeichen, von Eltern geerbt, treffend und schaffend hinab.
Denn so kehren die Himmlischen ein, tiefschütternd gelangt so
  Aus den Schatten herab unter die Menschen ihr Tag.
5
Unempfunden kommen sie erst, es streben entgegen
  Ihnen die Kinder, zu hell kommet, zu blendend das Glück,
Und es scheut sie der Mensch, kaum weiß zu sagen ein Halbgott,
  Wer mit Namen sie sind, die mit den Gaben ihm nahn.
Aber der Mut von ihnen ist groß, es füllen das Herz ihm
  Ihre Freuden und kaum weiß er zu brauchen das Gut,
Schafft, verschwendet und fast ward ihm Unheiliges heilig,
  Das er mit segnender Hand törig und gütig berührt.
Möglichst dulden die Himmlischen dies; dann aber in Wahrheit
  Kommen sie selbst und gewohnt werden die Menschen des Glücks
Und des Tags und zu schaun die Offenbaren, das Antlitz
  Derer, welche, schon längst Eines und Alles genannt,
Tief die verschwiegene Brust mit freier Genüge gefüllet,
  Und zuerst und allein alles Verlangen beglückt;
So ist der Mensch; wenn da ist das Gut, und es sorget mit Gaben
  Selber ein Gott für ihn, kennet und sieht er es nicht.
Tragen muß er, zuvor; nun aber nennt er sein Liebstes,
  Nun, nun müssen dafür Worte, wie Blumen, entstehn.
6
Und nun denkt er zu ehren in Ernst die seligen Götter,
  Wirklich und wahrhaft muß alles verkünden ihr Lob.
Nichts darf schauen das Licht, was nicht den Hohen gefället,
  Vor den Aether gebührt Müßigversuchendes nicht.
Drum in der Gegenwart der Himmlischen würdig zu stehen,
  Richten in herrlichen Ordnungen Völker sich auf
Untereinander und baun die schönen Tempel und Städte
  Fest und edel, sie gehn über Gestaden empor –
Aber wo sind sie? wo blühn die Bekannten, die Kronen des Festes?
  Thebe welkt und Athen; rauschen die Waffen nicht mehr
In Olympia, nicht die goldnen Wagen des Kampfspiels,
  Und bekränzen sich denn nimmer die Schiffe Korinths?
Warum schweigen auch sie, die alten heilgen Theater?
  Warum freuet sich denn nicht der geweihete Tanz?
Warum zeichnet, wie sonst, die Stirne des Mannes ein Gott nicht,
  Drückt den Stempel, wie sonst, nicht dem Getroffenen auf?
Oder er kam auch selbst und nahm des Menschen Gestalt an
  Und vollendet' und schloß tröstend das himmlische Fest.
7
Aber Freund! wir kommen zu spät. Zwar leben die Götter,
  Aber über dem Haupt droben in anderer Welt.
Endlos wirken sie da und scheinens wenig zu achten,
  Ob wir leben, so sehr schonen die Himmlischen uns.
Denn nicht immer vermag ein schwaches Gefäß sie zu fassen,
  Nur zu Zeiten erträgt göttliche Fülle der Mensch.
Traum von ihnen ist drauf das Leben. Aber das Irrsal
  Hilft, wie Schlummer, und stark machet die Not und die Nacht,
Bis daß Helden genug in der ehernen Wiege gewachsen,
  Herzen an Kraft, wie sonst, ähnlich den Himmlischen sind.
Donnernd kommen sie drauf. Indessen dünket mir öfters
  Besser zu schlafen, wie so ohne Genossen zu sein,
So zu harren, und was zu tun indes und zu sagen,
  Weiß ich nicht, und wozu Dichter in dürftiger Zeit.
Aber sie sind, sagst du, wie des Weingotts heilige Priester,
  Welche von Lande zu Land zogen in heiliger Nacht.
8
Nämlich, als vor einiger Zeit, uns dünket sie lange,
  Aufwärts stiegen sie all, welche das Leben beglückt,
Als der Vater gewandt sein Angesicht von den Menschen,
  Und das Trauern mit Recht über der Erde begann,
Als erschienen zuletzt ein stiller Genius, himmlisch
  Tröstend, welcher des Tags Ende verkündet' und schwand,
Ließ zum Zeichen, daß einst er da gewesen und wieder
  Käme, der himmlische Chor einige Gaben zurück,
Derer menschlich, wie sonst, wir uns zu freuen vermöchten,
  Denn zur Freude, mit Geist, wurde das Größre zu groß
Unter den Menschen und noch, noch fehlen die Starken zu höchsten
  Freuden, aber es lebt stille noch einiger Dank
Brot ist der Erde Frucht, doch ists vom Lichte gesegnet,
  Und vom donnernden Gott kommet die Freude des Weins.
Darum denken wir auch dabei der Himmlischen, die sonst
  Da gewesen und die kehren in richtiger Zeit,
Darum singen sie auch mit Ernst, die Sänger, den Weingott
  Und nicht eitel erdacht tönet dem Alten das Lob.
9
Ja! sie sagen mit Recht, er söhne den Tag mit der Nacht aus,
  Führe des Himmels Gestirn ewig hinunter, hinauf,
Allzeit froh, wie das Laub der immergrünenden Fichte,
  Das er liebt, und der Kranz, den er von Efeu gewählt,
Weil er bleibet und selbst die Spur der entflohenen Götter
  Götterlosen hinab unter das Finstere bringt.
Was der Alten Gesang von Kindern Gottes geweissagt,
  Siehe! wir sind es, wir; Frucht von Hesperien ists!
Wunderbar und genau ists als an Menschen erfüllet,
  Glaube, wer es geprüft! aber so vieles geschieht,
Keines wirket, denn wir sind herzlos, Schatten, bis unser
  Vater Aether erkannt jeden und allen gehört.
Aber indessen kommt als Fackelschwinger des Höchsten
  Sohn, der Syrier, unter die Schatten herab.
Selige Weise sehns; ein Lächeln aus der gefangnen
  Seele leuchtet, dem Licht tauet ihr Auge noch auf.
Sanfter träumet und schläft in Armen der Erde der Titan,
  Selbst der neidische, selbst Cerberus trinket und schläft.

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Der Jüngling an die klugen Rathgeber

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Ich sollte ruhn? Ich soll die Liebe zwingen, 
Die feurigfroh nach hoher Schöne strebt?
Ich soll mein Schwanenlied am Grabe singen,
Wo ihr so gern lebendig uns begräbt?
O schonet mein! Allmächtig fortgezogen,
Muß immerhin des Lebens frische Flut
Mit Ungeduld im engen Beete wogen,
Bis sie im heimatlichen Meere ruht.
Des Weins Gewächs verschmäht die kühlen Thale, 
Hesperiens beglükter Garten bringt
Die goldnen Früchte nur im heißen Strahle,
Der, wie ein Pfeil, ins Herz der Erde dringt.
Was sänftiget ihr dann, wenn in den Ketten
Der ehrnen Zeit die Seele mir entbrennt,
Was nimmt ihr mir, den nur die Kämpfe retten,
Ihr Weichlinge! mein glühend Element?
Das Leben ist zum Tode nicht erkoren,
Zum Schlafe nicht der Gott, der uns entflammt,
Zum Joch ist nicht der Herrliche geboren,
Der Genius, der aus dem Aether stammt;
Er kommt herab; er taucht sich, wie zum Bade,
In des Jahrhunderts Strom und glüklich raubt
Auf eine Zeit den Schwimmer die Najade,
Doch hebt er heitrer bald sein leuchtend Haupt.
Drum laßt die Lust, das Große zu verderben, 
Und geht und sprecht von eurem Glüke nicht!
Pflanzt keinen Cedernbaum in eure Scherben!
Nimmt keinen Geist in eure Söldnerspflicht!
Versucht es nicht, das Sonnenroß zu lähmen!
Laßt immerhin den Sternen ihre Bahn!
Und mir, mir ratet nicht, mich zu bequemen,
Und macht mich nicht den Knechten untertan.
Und könnt ihr ja das Schöne nicht ertragen,
So führt den Krieg mit offner Kraft und Tat!
Sonst ward der Schwärmer doch ans Kreuz geschlagen,
Jezt mordet ihn der sanfte kluge Rat;
Wie manchen habt ihr herrlich zubereitet
Fürs Reich der Not! wie oft auf euern Sand
Den hoffnungsfrohen Steuermann verleitet
Auf kühner Fahrt ins warme Morgenland!
Umsonst! mich hält die dürre Zeit vergebens, 
Und mein Jahrhundert ist mir Züchtigung;
Ich sehne mich ins grüne Feld des Lebens
Und in den Himmel der Begeisterung;
Begrabt sie nur, ihr Toten, eure Toten,
Und preist das Menschenwerk und scheltet nur!
Doch reift in mir, so wie mein Herz geboten,
Die schöne, die lebendige Natur.

Zum metrischen Aufbau hier ein 4-Seiten PDF.

Ein Link zu einem Radio-Beitrag des SWR

Ein Auszug aus Google-Books zum Thema „Schiller und Hölderlin“.

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Friedensfeier

12 Strophen in 4 triadischen Strophengruppen mit jeweils 39 (12,12,15) macht 156 Verse. Das Vorwort wird in der Kino-Performance nicht gesprochen.

Als im Jahre 1954 eine Reinschrift dieser Hymne aus Hölderlins Hand in London gefunden wurde, geriet die Hölderlin-Forschung und -Deutung heftig in eine neue Ordnung. Denn bis zu diesem Moment lagen nur Vorstufen und Bruchstücke vor, über deren Gesamtgestalt sich die Fachwelt nicht einigen konnte. Aber auch danach war von Einigkeit nicht viel zu sehen. Siehe den zwei Jahre später erschienenen Artikel in „Der Zeit“.

Hier einige Verweise und Ansätze zum Nachstöbern

Jochen Schmidt ; Hölderlins geschichtsphilosophische Hymnen: „Friedensfeier“ – „Der Einzige“ – „Patmos“

Jost Schillemeit ; Studien zur Goethezeit

Alessandro Pellegrini ; Friedrich Hölderlin: Sein Bild in der Forschung

Astrid Brüggemann ; Rezeptionsphänomene zu Hölderlins „Friedensfeier“

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Friedensfeier

Ich bitte, dieses Blatt nur gutmütig zu lesen. So wird es sicher
nicht unfaßlich, noch weniger anstößig sein. Sollten aber dennoch
einige solche Sprache zu wenig konventionell finden, so muß ich
ihnen gestehen: ich kann nicht anders. An einem schönen Tage läßt
sich ja fast jede Sangart hören, und die Natur, wovon es her ist,
nimmts auch wieder.
Der Verfasser gedenkt dem Publikum eine ganze Sammlung von
dergleichen Blättern vorzulegen, und dieses soll irgend eine Probe
sein davon.

Der himmlischen, still widerklingenden,
Der ruhigwandelnden Töne voll,
Und gelüftet ist der altgebaute,
Seliggewohnte Saal; um grüne Teppiche duftet
Die Freudenwolk und weithinglänzend stehn,
Gereiftester Früchte voll und goldbekränzter Kelche,
Wohlangeordnet, eine prächtige Reihe,
Zur Seite da und dort aufsteigend über dem
Geebneten Boden die Tische.
Denn ferne kommend haben
Hieher, zur Abendstunde,
Sich liebende Gäste beschieden.

Und dämmernden Auges denk ich schon,
Vom ernsten Tagwerk lächelnd,
Ihn selbst zu sehn, den Fürsten des Fests.
Doch wenn du schon dein Ausland gern verleugnest,
Und als vom langen Heldenzuge müd,
Dein Auge senkst, vergessen, leichtbeschattet,
Und Freundesgestalt annimmst, du Allbekannter, doch
Beugt fast die Knie das Hohe. Nichts vor dir,
Nur Eines weiß ich, Sterbliches bist du nicht.
Ein Weister mag mir manches erhellen; wo aber
Ein Gott noch auch erscheint,
Da ist doch andere Klarheit.

Von heute aber nicht, nicht unverkündet ist er;
Und einer, der nicht Flut noch Flamme gescheuet,
Erstaunet, da es stille worden, umsonst nicht, jetzt,
Da Herrschaft nirgend ist zu sehn bei Geistern und Menschen.
Das ist, sie hören das Werk,
Längst vorbereitend, von Morgen nach Abend, jetzt erst,
Denn unermeßlich braust, in der Tiefe verhallend,
Des Donnerers Echo, das tausendjährige Wetter,
Zu schlafen, übertönt von Friedenslauten, hinunter.
Ihr aber, teuergewordne, o ihr Tage der Unschuld,
Ihr bringt auch heute das Fest, ihr Lieben! und es blüht
Rings abendlich der Geist in dieser Stille;
Und raten muß ich, und wäre silbergrau
Die Locke, o ihr Freunde!
Für Kränze zu sorgen und Mahl, jetzt ewigen Jünglingen ähnlich.

Und manchen möcht ich laden, aber o du,
Der freundlichernst den Menschen zugetan,
Dort unter syrischer Palme,
Wo nahe lag die Stadt, am Brunnen gerne war;
Das Kornfeld rauschte rings, still atmete die Kühlung
Vom Schatten des geweiheten Gebirges,
Und die lieben Freunde, das treue Gewölk,
Umschatteten dich auch, damit der heiligkühne
Durch Wildnis mild dein Strahl zu Menschen kam, o Jüngling!
Ach! aber dunkler umschattete, mitten im Wort, dich
Furchtbarentscheidend ein tödlich Verhängnis. So ist schnell
Vergänglich alles Himmlische; aber umsonst nicht;

Denn schonend rührt des Maßes allzeit kundig
Nur einen Augenblick die Wohnungen der Menschen
Ein Gott an, unversehn, und keiner weiß es, wenn?
Auch darf alsdann das Freche drüber gehn,
Und kommen muß zum heilgen Ort das Wilde
Von Enden fern, übt rauhbetastend den Wahn,
Und trifft daran ein Schicksal, aber Dank,
Nie folgt der gleich hernach dem gottgegebnen Geschenke;
Tiefprüfend ist es zu fassen.
Auch wär uns, sparte der Gebende nicht,
Schon längst vom Segen des Herds
Uns Gipfel und Boden entzündet.

Des Göttlichen aber empfingen wir
Doch viel. Es ward die Flamm uns
In die Hände gegeben, und Ufer und Meersflut.
Viel mehr, denn menschlicher Weise
Sind jene mit uns, die fremden Kräfte, vertrauet.
Und es lehret Gestirn dich, das
Vor Augen dir ist, doch nimmer kannst du ihm gleichen.
Vom Allebendigen aber, von dem
Viel Freuden sind und Gesänge,
Ist einer ein Sohn, ein Ruhigmächtiger ist er,
Und nun erkennen wir ihn,
Nun, da wir kennen den Vater
Und Feiertage zu halten
Der hohe, der Geist
Der Welt sich zu Menschen geneigt hat.

Denn längst war der zum Herrn der Zeit zu groß
Und weit aus reichte sein Feld, wann hats ihn aber erschöpfet?
Einmal mag aber ein Gott auch Tagewerk erwählen,
Gleich Sterblichen und teilen alles Schicksal.
Schicksalgesetz ist dies, daß Alle sich erfahren,
Daß, wenn die Stille kehrt, auch eine Sprache sei.
Wo aber wirkt der Geist, sind wir auch mit, und streiten,
Was wohl das Beste sei. So dünkt mir jetzt das Beste,
Wenn nun vollendet sein Bild und fertig ist der Meister,
Und selbst verklärt davon aus seiner Werkstatt tritt,
Der stille Gott der Zeit und nur der Liebe Gesetz,
Das schönausgleichende gilt von hier an bis zum Himmel.

Viel hat von Morgen an,
Seit ein Gespräch wir sind und hören voneinander,
Erfahren der Mensch; bald sind wir aber Gesang.
Und das Zeitbild, das der große Geist entfaltet,
Ein Zeichen liegts vor uns, daß zwischen ihm und andern
Ein Bündnis zwischen ihm und andern Mächten ist.
Nicht er allein, die Unerzeugten, Ewgen
Sind kennbar alle daran, gleichwie auch an den Pflanzen
Die Mutter Erde sich und Licht und Luft sich kennet.
Zuletzt ist aber doch, ihr heiligen Mächte, für euch
Das Liebeszeichen, das Zeugnis
Daß ihr noch seiet, der Festtag,

Der Allversammelnde, wo Himmlische nicht
Im Wunder offenbar, noch ungesehn im Wetter,
Wo aber bei Gesang gastfreundlich untereinander
In Chören gegenwärtig, eine heilige Zahl
Die Seligen in jeglicher Weise
Beisammen sind, und ihr Geliebtestes auch,
An dem sie hängen, nicht fehlt; denn darum rief ich
Zum Gastmahl, das bereitet ist,
Dich, Unvergeßlicher, dich, zum Abend der Zeit,
O Jüngling, dich zum Fürsten des Festes; und eher legt
Sich schlafen unser Geschlecht nicht,
Bis ihr Verheißenen all,
All ihr Unsterblichen, uns
Von eurem Himmel zu sagen,
Da seid in unserem Hause.

Leichtatmende Lüfte
Verkünden euch schon,
Euch kündet das rauchende Tal
Und der Boden, der vom Wetter noch dröhnet,
Doch Hoffnung rötet die Wangen,
Und vor der Türe des Hauses
Sitzt Mutter und Kind,
Und schauet den Frieden
Und wenige scheinen zu sterben,
Es hält ein Ahnen die Seele,
Vom goldnen Lichte gesendet,
Hält ein Versprechen die Ältesten auf.

Wohl sind die Würze des Lebens,
Von oben bereitet und auch
Hinausgeführet, die Mühen.
Denn Alles gefällt jetzt,
Einfältiges aber
Am meisten, denn die langgesuchte,
Die goldne Frucht,
Uraltem Stamm
In schütternden Stürmen entfallen,
Dann aber, als liebstes Gut, vom heiligen Schicksal selbst,
Mit zärtlichen Waffen umschützt,
Die Gestalt der Himmlischen ist es.

Wie die Löwin, hast du geklagt,
O Mutter, da du sie,
Natur, die Kinder verloren.
Denn es stahl sie, Allzuliebende, dir
Dein Feind, da du ihn fast
Wie die eigenen Söhne genommen,
Und Satyren die Götter gesellt hast.
So hast du manches gebaut,
Und manches begraben,
Denn es haßt dich, was
Du, vor der Zeit
Allkräftige, zum Lichte gezogen.
Nun kennest, nun lässest du dies;
Denn gerne fühllos ruht,
Bis daß es reift, furchtsamgeschäftiges drunten.

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Nachtgesänge

IPA-Lautschrift des Titels des wohl bekanntesten Gedichtes Hölderlins auf die, sich einwärts knospende Fibonacci-Kurve gelegt. Hier soll auf eines der vielfältigen Sprach- und Klangbilder gewiesen werden. Das erste „e“ im Wort „Lebens“ ist ein etwas länger gehaltenes, gespanntes „e“, in „des“ klingt derselbe Buchstabe in seiner gespannten Artikulation wie das „ä“ in „Hälfte“ und das „e“ am Ende von ‚Hälfte“ klingt auf eine dritte Weise, als Ablaut „Schwa“. Ein Zeichen – drei Klänge.

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Zum Einstieg in dieses Hochgebirge der hölderlinschen Poesie eignet sich durchaus der Eintrag in der deutschen Wikipedia.

Wer Walter Benjamins Gedanken zu „Blödigkeit“ verfolgen möchte, hat hier die Gelegenheit dazu.

Weitere Links:

YouTubeChannel Hölderlin-Beethoven 2020

Nachtgesänge, Friedrich Hölderlin

Stephan Jaeger, Stefan Willer ; Das Denken der Sprache und die Performanz des Literarischen um 1800

Ton van der Steenoven ; Eine Analyse von Hölderlins „Nachtgesängen“

Meine eigene form-metrische Betrachtung als 30 seitiges PDF findet sich hier.

Dier hier wiedergegebenen Texte stammen von Zeno.org und sind in ihrer Orthographie und Interpunktion nicht immer kritisch oder korrekt. Nur an ganz wenigen Stellen wurde von mir eingegriffen (z.B. wurde der Punkt nach „unmündig“ im letzten Gedicht entfernt.)


Chiron
Tränen
An die Hoffnung
Vulkan
Blödigkeit
Ganymed
Hälfte des Lebens
Lebensalter
Der Winkel von Hardt

Chiron

Wo bist du, Nachdenkliches! das immer muß
Zur Seite gehn, zu Zeiten, wo bist du, Licht?
Wohl ist das Herz wach, doch mir zürnt, mich
Hemmt die erstaunende Nacht nun immer.

Sonst nämlich folgt’ ich Kräutern des Walds und lauscht’
Ein waiches Wild am Hügel; und nie umsonst.
Nie täuschten, auch nicht einmal deine
Vögel; denn allzubereit fast kamst du,

So Füllen oder Garten dir labend ward,
Ratschlagend, Herzens wegen; wo bist du, Licht?
Das Herz ist wieder wach, doch herzlos
Zieht die gewaltige Nacht mich immer.

Ich wars wohl. Und von Krokus und Thymian
Und Korn gab mir die Erde den ersten Straus.
Und bei der Sterne Kühle lernt’ ich,
Aber das Nennbare nur. Und bei mir

Das wilde Feld entzaubernd, das traur’ge, zog
Der Halbgott, Zevs Knecht, ein, der gerade Mann;
Nun siz’ ich still allein, von einer
Stunde zur anderen, und Gestalten

Aus frischer Erd’ und Wolken der Liebe schafft,
Weil Gift ist zwischen uns, mein Gedanke nun;
Und ferne lausch’ ich hin, ob nicht ein
Freundlicher Retter vieleicht mir komme.

Dann hör’ ich oft den Wagen des Donnerers
Am Mittag, wenn er naht, der bekannteste,
Wenn ihm das Haus bebt und der Boden
Reiniget sich, und die Quaal Echo wird.

Den Retter hör’ ich dann in der Nacht, ich hör’
Ihn tödtend, den Befreier, und drunten voll
Von üpp’gem Kraut, als in Gesichten,
Schau ich die Erd’, ein gewaltig Feuer;

Die Tage aber wechseln, wenn einer dann
Zusiehet denen, lieblich und bös’, ein Schmerz,
Wenn einer zweigestalt ist, und es
Kennet kein einziger nicht das Beste;

Das aber ist der Stachel des Gottes; nie
Kann einer lieben göttliches Unrecht sonst.
Einheimisch aber ist der Gott dann
Angesichts da, und die Erd’ ist anders.

Tag! Tag! Nun wieder athmet ihr recht; nun trinkt,
Ihr meiner Bäche Weiden! ein Augenlicht,
Und rechte Stapfen gehn, und als ein
Herrscher, mit Sporen, und bei dir selber

Örtlich, Irrstern des Tages, erscheinest du,
Du auch, o Erde, friedliche Wieg’, und du,
Haus meiner Väter, die unstädtisch
Sind, in den Wolken des Wilds, gegangen.

Nimm nun ein Roß, und harnische dich und nimm
Den leichten Speer, o Knabe! Die Wahrsagung
Zerreißt nicht, und umsonst nicht wartet,
Bis sie erscheinet, Herakles Rückkehr.
Tränen

Himmlische Liebe! zärtliche! wenn ich dein
Vergäße, wenn ich, o ihr geschicklichen,
Ihr feurgen, die voll Asche sind und
Wüst und vereinsamet ohnedies schon,

Ihr lieben Inseln, Augen der Wunderwelt!
Ihr nämlich geht nun einzig allein mich an,
Ihr Ufer, wo die abgöttische
Büßet, doch Himmlischen nur, die Liebe.

Denn allzudankbar haben die Heiligen
Gedienet dort in Tagen der Schönheit und
Die zorngen Helden; und viel Bäume
Sind, und die Städte daselbst gestanden,

Sichtbar, gleich einem sinnigen Mann; itzt sind
Die Helden tot, die Inseln der Liebe sind
Entstellt fast. So muß übervorteilt,
Albern doch überall sein die Liebe.

Ihr weichen Tränen, löschet das Augenlicht
Mir aber nicht ganz aus; ein Gedächtnis doch,
Damit ich edel sterbe, laßt ihr
Trügrischen, Diebischen, mir nachleben.
An die Hoffnung

O Hoffnung! holde! gütiggeschäftige!
Die du das Haus der Trauernden nicht verschmähst,
Und gerne dienend, Edle! zwischen
Sterblichen waltest und Himmelsmächten,

Wo bist du? wenig lebt ich; doch atmet kalt
Mein Abend schon. Und stille, den Schatten gleich,
Bin ich schon hier; und schon gesanglos
Schlummert das schaudernde Herz im Busen.

Im grünen Tale, dort, wo der frische Quell
Vom Berge täglich rauscht, und die liebliche
Zeitlose mir am Herbsttag aufblüht,
Dort, in der Stille, du Holde, will ich

Dich suchen, oder wenn in der Mitternacht
Das unsichtbare Leben im Haine wallt,
Und über mir die immerfrohen
Blumen, die blühenden Sterne, glänzen,

O du des Aethers Tochter! erscheine dann
Aus deines Vaters Gärten, und darfst du nicht,
Ein Geist der Erde, kommen, schröck, o
Schröcke mit anderem nur das Herz mir.
Vulkan

Jetzt komm und hülle, freundlicher Feuergeist,
Den zarten Sinn der Frauen in Wolken ein,
In goldne Träum und schütze sie, die
Blühende Ruhe der Immerguten.

Dem Manne laß sein Sinnen, und sein Geschäft,
Und seiner Kerze Schein, und den künftgen Tag
Gefallen, laß des Unmuts ihm, der
Häßlichen Sorge zu viel nicht werden,

Wenn jetzt der immerzürnende Boreas,
Mein Erbfeind, über Nacht mit dem Frost das Land
Befällt, und spät, zur Schlummerstunde,
Spottend der Menschen, sein schröcklich Lied singt,

Und unsrer Städte Mauren und unsern Zaun,
Den fleißig wir gesetzt, und den stillen Hain
Zerreißt, und selber im Gesang die
Seele mir störet, der Allverderber,

Und rastlos tobend über den sanften Strom
Sein schwarz Gewölk ausschüttet, daß weit umher
Das Tal gärt, und, wie fallend Laub, vom
Berstenden Hügel herab der Fels fällt.

Wohl frömmer ist, denn andre Lebendige,
Der Mensch; doch zürnt es draußen, gehöret der
Auch eigner sich, und sinnt und ruht in
Sicherer Hütte, der Freigeborne.

Und immer wohnt der freundlichen Genien
Noch Einer gerne segnend mit ihm, und wenn
Sie zürnten all, die ungelehrgen
Geniuskräfte, doch liebt die Liebe.
Blödigkeit

Sind denn dir nicht bekannt viele Lebendigen?
Geht auf Wahrem dein Fuß nicht, wie auf Teppichen?
Drum, mein Genius! tritt nur
Bar ins Leben, und sorge nicht!

Was geschiehet, es sei alles gelegen dir!
Sei zur Freude gereimt, oder was könnte denn
Dich beleidigen, Herz, was
Da begegnen, wohin du sollst?

Denn, seit Himmlischen gleich Menschen, ein einsam Wild,
Und die Himmlischen selbst führet, der Einkehr zu,
Der Gesang und der Fürsten
Chor, nach Arten, so waren auch

Wir, die Zungen des Volks, gerne bei Lebenden,
Wo sich vieles gesellt, freudig und jedem gleich,
Jedem offen, so ist ja
Unser Vater, des Himmels Gott,

Der den denkenden Tag Armen und Reichen gönnt,
Der, zur Wende der Zeit, uns die Entschlafenden
Aufgerichtet an goldnen
Gängelbanden, wie Kinder, hält.

Gut auch sind und geschickt einem zu etwas wir,
Wenn wir kommen, mit Kunst, und von den Himmlischen
Einen bringen. Doch selber
Bringen schickliche Hände wir.
Ganymed

Was schläfst du, Bergsohn, liegest in Unmut, schief,
Und frierst am kahlen Ufer, Gedultiger!
Denkst nicht der Gnade du, wenns an den
Tischen die Himmlischen sonst gedürstet?

Kennst drunten du vom Vater die Boten nicht,
Nicht in der Kluft der Lüfte geschärfter Spiel?
Trifft nicht das Wort dich, das voll alten
Geists ein gewanderter Mann dir sendet?

Schon tönets aber ihm in der Brust. Tief quillts,
Wie damals, als hoch oben im Fels er schlief,
Ihm auf. Im Zorne reinigt aber
Sich der Gefesselte nun, nun eilt er,

Der Linkische; der spottet der Schlacken nun,
Und nimmt und bricht und wirft die Zerbrochenen
Zorntrunken, spielend, dort und da zum
Schauenden Ufer und bei des Fremdlings

Besondrer Stimme stehen die Herden auf,
Es regen sich die Wälder, es hört tief Land
Den Stromgeist fern, und schaudernd regt im
Nabel der Erde der Geist sich wieder.

Der Frühling kömmt. Und jedes, in seiner Art,
Blüht. Der ist aber ferne; nicht mehr dabei.
Irr ging er nun; denn allzugut sind
Genien; himmlisch Gespräch ist sein nun.
Hälfte des Lebens

Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.

Weh mir, wo nehm ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
Lebensalter

Ihr Städte des Euphrats!
Ihr Gassen von Palmyra!
Ihr Säulenwälder in der Ebne der Wüste,
Was seid ihr?
Euch hat die Kronen,
Dieweil ihr über die Grenze
Der Othmenden seid gegangen,
Von Himmlischen der Rauchdampf und
Hinweg das Feuer genommen;
Jetzt aber sitz ich unter Wolken (deren
Ein jedes eine Ruh hat eigen) unter
Wohleingerichteten Eichen, auf
Der Heide des Rehs, und fremd
Erscheinen und gestorben mir
Der Seligen Geister.
Der Winkel von Hardt

Hinunter sinket der Wald,
Und Knospen ähnlich, hängen
Einwärts die Blätter, denen
Blüht unten auf ein Grund,
Nicht gar unmündig
Da nämlich ist Ulrich
Gegangen; oft sinnt, über den Fußtritt,
Ein groß Schicksal
Bereit, an übrigem Orte.

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Da ich ein Knabe war, …

Ein früher, freigebundener Gesang. Hyperions Schicksalslied gehört in dieselbe Kategorie. Beide Gedichte/Gesänge haben gemein, dass sie einerseits einfach in Semantik und Syntax daherkommen, andererseits aber bereits ein rhythmisches Binnenspiel beherrschen, welches in den späten Gesängen (Patmos, Der Einzige, Mnemosyne, etc) so matterhornhaft uns herausfordert.

Da ich ein Knabe war, 
   Rettet‘ ein Gott mich oft 
      Vom Geschrei und der Rute der Menschen,
         Da spielt ich sicher und gut 
            Mit den Blumen des Hains, 
               Und die Lüftchen des Himmels 
                  Spielten mit mir. 

Und wie du das Herz 
Der Pflanzen erfreust, 
Wenn sie entgegen dir 
Die zarten Arme strecken, 

So hast du mein Herz erfreut, 
Vater Helios! und, wie Endymion, 
War ich dein Liebling, 
Heilige Luna! 

O all ihr treuen 
Freundlichen Götter! 
Daß ihr wüßtet, 
Wie euch meine Seele geliebt! 

Zwar damals rief ich noch nicht 
Euch mit Namen, auch ihr 
Nanntet mich nie, wie die Menschen sich nennen,
Als kennten sie sich. 

Doch kannt‘ ich euch besser, 
Als ich je die Menschen gekannt, 
Ich verstand die Stille des Aethers, 
Der Menschen Worte verstand ich nie. 

Mich erzog der Wohllaut 
Des säuselnden Hains 
Und lieben lernt‘ ich 
Unter den Blumen. 

Im Arme der Götter wuchs ich groß. 

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